Wir sind bereit! (02.21)
«Jesus zog durch alle Städte und Dörfer jener Gegend. Er lehrte in den Synagogen, verkündete die Botschaft vom Reich Gottes und heilte alle Kranken und Leidenden. Als er die Scharen von Menschen sah, ergriff ihn tiefes Mitgefühl; denn sie waren erschöpft und hilflos wie Schafe, die keinen Hirten haben. Da sagte er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, doch es sind nur wenig Arbeiter da. Bittet deshalb den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter auf sein Erntefeld schickt!» (Matthäus 9: 35-38)
Liebe Freunde!
Wir sind fast fertig mit dem Umbau unseres Lokals. Diese Tage kommen noch die Pflanzen, und es gibt noch ein paar dekorative Dinge zu beenden. Nebst ein paar kleinen Details sind wir bereit für die Bauabnahme. Wenn dann nach dem Lockdown das gesellschaftliche Leben wieder Fahrt aufnehmen wird und man sich auch ausser zum Gottesdienst wieder treffen kann, wird unsere Factory bereit sein, die hoffentlich zahlreichen Besucher zu empfangen.
Bereit sein mit unserer Factory … Wozu eigentlich genau? Darüber mache ich mir zurzeit viele Gedanken. Als wir vor zweieinhalb Jahren begonnen haben, an diesem Projekt zu arbeiten, war die Welt noch eine andere. Noch Ende 2019 hätte wohl niemand geahnt, dass wir heute, 14 Monate später, uns bereits in einem zweiten Lockdown befinden und ein bisher unbekannter Virus die ganze Welt mehr als ein Jahr in Atem halten würde. Niemand weiss, wie lange diese Krise noch andauern wird. Die einen erwarten noch diesen Monat eine starke dritte Welle, andere sind immer noch überzeugt, dass es diesen Virus gar nicht gibt. Erste Forscher publizieren bereits Ergebnisse, inwiefern Corona unser Verhalten verändern wird oder nicht. Werden wir uns wieder die Hände schütteln zur Begrüssung? Ob diese Prognosen zutreffender sein werden als die vor einem Jahr vorausgesagten Fallzahlen, werden wir sehen…
Spurlos wird diese Erfahrung aber gewiss nicht an uns vorbei gehen. Wenn wir vor einem Jahr den Eindruck hatten, wir würden unsere Gesellschaft und die Bedürfnisse unserer Mitmenschen kennen, dann müssen wir dies heute zuerst wieder entdecken.
Ich finde es spannend, dass die Eröffnung der Factory und der Neustart der Arbeit der Heilsarmee Luzern genau in diesen Moment fällt. Nicht alles wird anders. Ich glaube auch, dass wir uns wieder wie vorher die Hände schütteln werden. Vielleicht sogar umarmen! Aber es wirft für mich mit einer neuen Dringlichkeit die Frage auf: Wozu öffnen wir eigentlich unsere Türen? Welche Kirche braucht die Welt? Welche Menschen werden wir antreffen? Einige Antworten werden anders ausfallen als vor einem Jahr.
Ich habe während der Corona-Zeit oft die Frage gehört: Was macht Corona mit uns? Dies haben wir auch unter Gemeindeleitern und Pastoren diskutiert: Was macht Corona mit unseren Kirchen? Wie sollen wir darauf reagieren? Das sind sinnvolle und gute Fragen. Aber auch sehr menschlich-egozentrische Überlegungen. Eigentlich sollten wir uns als Christen und als Kirchen vielmehr die Frage stellen: was macht diese «ausserordentliche Lage» mit unseren Mitmenschen? Und wie können wir als Gemeinde darauf reagieren? Sind wir bereit? Haben wir Antworten und Lösungen auf die Fragen und Probleme in dieser neuen Situation? Wir schlagen uns im «kirchlichen Kuchen» mit Fragen herum, wie wir mit Homosexualität und Gender-Fluidity umgehen wollen, und wir ringen um unsere theologischen, ethischen, pastoralen und weiss ich was alles für Positionen. Ist es aber wirklich das, was die Menschen heute, nach einem Jahr Corona, dringend beschäftigt?
Wir haben vermutlich noch ein paar Monate Zeit, bis wir die Factory mit Festlichkeiten offiziell einweihen werden. Wir versprechen Ihnen: Wir werden die Zeit der reduzierten Aktivitäten während des Lockdowns nutzen und dieser Frage Priorität geben: Worauf müssen wir bereit sein? Was brauchen unsere Nachbarn im Bruchquartier nach Corona? Für heute lasse ich diese Antwort offen.
Vielleicht finden Sie ja eine, während Sie über den eingangs zitierten Bibeltext meditieren?
Es würde mich sehr freuen, wenn wir bald einmal darüber austauschen könnten. Bei einem guten Kaffee bei uns in der Factory, zum Beispiel.
Mit freundlichen Grüssen
Andi Fuhrer
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