Nicht von der Welt, aber in der Welt (11.21)
Vor gut drei Jahren zogen wir von Genf nach Luzern. Das ist eine andere Welt. Ich fühlte mich oft wie Sting, wenn er besingt, wie er sich als Engländer in New York fühlte: ein legaler Ausserirdischer. Für meine Frau ist dies noch viel herausfordernder als für mich, denn sie wuchs mitten in Paris auf. Irgendwie waren wir nicht von dieser Welt.
Meine Frau und ich sind beides Personen, welche nicht einfach spurlos durchs Leben ziehen können. Es scheint in unserer Natur zu sein, etwas bewirken zu müssen. Wie kann man aber etwas bewirken, wenn man sich wie ein Ausserirdischer in einer fremden Welt fühlt? Dazu mussten wir hier ankommen. Und schon bald kannten die Kassierinnen im Aldi das aufstellende Lachen meiner Frau. Heute haben wir neue Freunde in Luzern, unsere Nachbarn kennen uns, wir kaufen im Quartier ein und gehen ab und zu in den Ausgang.
Jesus sagte einmal zu seinen Jüngern: „Ihr seid nicht von der Welt, aber in der Welt!“ Das trifft den Nagel genau auf den Kopf. Ich glaube, insbesondere wir Kirchen (die Heilsarmee gehört auch dazu) sollten diesen Jesus-Satz viel ernster nehmen, wenn wir in der heutigen Welt noch eine Bedeutung haben wollen. Dass diese akut in Frage gestellt wird, sehen wir zur Zeit daran, wie die Landeskirchen ihre Existenz zu rechtfertigen suchen, um so die Kirchensteuer zu retten. Wir funktionieren ironischerweise oft nach dem umgekehrten Motto: „Wir sind von dieser Welt, aber nicht in dieser Welt“. Wir sind manchmal noch menschlicher und materialistischer als andere, dafür umso weltfremder. Ohne Kraft am Ziel vorbei: unwirksamer geht es wohl kaum.
Dabei hätten wir als Kirchen doch in unserem Gründer das beste Beispiel: Jesus, der „Sohn Gottes“, war nicht von dieser Welt. Er brachte etwas Neues, Göttliches, Kraftvolles in diese Welt. Er selbst bezeichnete sich aber als „Menschensohn“: Er war kein weltfremder Guru, sondern gehörte voll zu uns Menschen. Er feierte mit seinen Mitmenschen, weinte und lachte mit ihnen, ermutigte und heilte sie und scheute auch die Konfrontation nicht. Er war voll in der Welt. Deshalb prägte er sie wie kein anderer vor und nach ihm.
Andi Fuhrer
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