Steh auf! Das Leben geht weiter! (05.21)
Gestern Abend spät rief mich ein Freund an mit der Bitte, für eine sehr dramatische Situation zu beten. Als meine Frau und ich dies taten, kam mir sogleich eine biblische Geschichte in den Sinn, welche uns ermutigte und inspirierte (Lukas 8: 40-56): Ein verzweifelter Vater kam zu Jesus mit der Bitte, seine einzige, sterbende Tochter zu heilen. Jesus machte sich auch sogleich auf den Weg zum Haus dieser Familie. Doch unterdessen wurde er aufgehalten. Da war erst mal die dichte Volksmenge, die ihn fast erdrückte und das Vorwärtskommen erschwerte. Und dann kam diese seit Jahren kranke Frau, die vom Doktor bis zum Quacksalber alles ausprobiert hatte. In ihrer Scheu und Scham wagte sie es nicht einmal, Jesus anzusprechen und berührte nur diskret den Saum seines Gewandes, überzeugt, dass er sie heilen konnte. Weder das Drängen des verzweifelten Vaters noch das Gedränge der Menge hinderten Jesus daran, diese Frau und ihre Not wahrzunehmen. Er wendet sich ihr zu mit den einfachen, aber unglaublich starken Worten: «Meine Tochter! Dein Glaube hat Dich gerettet. Gehe hin in Frieden!» In diesem Moment war die Frau körperlich schon geheilt, und sie wäre wohl am liebsten auch gleich wieder unbemerkt verschwunden. Aber Jesus hatte noch mehr zu geben. Durch seine Worte berührte er sie in ihrer Scham und heilte ihr Selbstwertgefühl. Durch die öffentliche Anerkennung führte sie Jesus zurück in die Gesellschaft und gab ihr ihre Beziehungsfähigkeit zurück. Typisch Jesus: er heilt nicht nur körperlich, sondern stellt uns ganzheitlich wieder her.
Aber da war immer noch dieser verzweifelte Vater, der um das Leben seiner Tochter bangte! Und noch während Jesus mit der Frau sprach, brach seine Welt zusammen: sein einziges Kind war unterdessen gestorben. Zu spät! Hier wartete Jesus nicht nur unerträglich lang, um die Bitte dieses Vaters zu erhören. Es war schlicht zu spät für eine Antwort!
Zum Glück schreibt Gott Geschichten anders als Dürrenmatt, und diese «schlimmstmögliche Wendung» wird zum bestmöglichen Ausgang! Jesus ging trotz der fatalen Nachricht weiter und kam in das Haus mit den weinenden Menschen. Wenn es Grund zum Trauern gab, weinte Jesus mit. Aber hier widerspricht er: «Hört auf zu weinen! Sie schläft nur!». Das wäre taktlos gewesen, hätte Jesus nicht dieses Mädchen tatsächlich wieder zurück ins Leben gerufen: «Mädchen, steh auf!» (Die aramäischen Worte «Talitha kumi» bedeuten wörtlich: «Lämmlein, steh auf!») Die Schlichtheit, ja Zärtlichkeit, mit der Jesus den Tod in die Schranken weist, ist schon fast irritierend. Mit unwidersprechlicher Autorität sagt er: «Mein liebes Kind, sei unbesorgt. Komm, das Leben kann nun weiter gehen!»
Hat er sie nun einfach geweckt, geheilt oder vom Tod auferweckt? Die Erzählung ist nicht eindeutig. Das zeigt, dass dies für Gott gar nicht so entscheidend ist wie für uns. Sogar der Tod ist für Jesus keine Barriere, hatte er ihn doch an Ostern mit seiner eigenen Auferstehung definitiv bezwungen!
Die Geschichte ist noch nicht fertig. Nach dieser dramatischen, «bestmöglichen Wendung» hätten die Eltern vor lauter Emotionen wohl vergessen, dass ihre Tochter vielleicht Hunger haben könnte… Jesu Aufmerksamkeit entging das nicht, und er befahl, dass man ihr zu essen geben solle.
Ich liebe diese Heilungsgeschichten in der Bibel! Sie zeigen uns, wie Jesus auch in der hoffnungslosesten Situation eingreifen kann – sogar, wenn es zu spät ist. Wir sehen, wie Jesus die Menschen einfach liebte! Er nahm ihre Nöte ernst, ob es nun unheilbare Krankheiten waren, ein eingeknicktes Selbstwertgefühl oder die Peinlichkeit, als wegen der schlechten Organisation einer Hochzeitsfeier der Wein auszugehen drohte… Jesus ist nicht nur um die ewige Rettung der Menschen besorgt, sondern kümmert sich auch um unser Leben vor dem Tod. Diese Geschichte offenbart uns einen aufmerksamen Jesus, der sich vom Einzelnen berühren lässt mitten im Tumult und Gedränge des Alltags, in der Verzweiflung und in der Anonymität unserer Gesellschaft.
Fasse Mut, denn Jesus sagt: «Steh auf! Das Leben geht weiter! Geh hin in Frieden!»
Seid lieb gegrüsst!
Andi Fuhrer
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