Göttliche Diversität (02.23)
Ich mag Small Talk nicht. Vielleicht liegt es daran, dass ich über Fussball nichts weiss und das Wetter in Luzern als Gesprächsthema auch nicht sehr viel hergibt. Wenn ich also bei Häppchen und Drinks jemandem begegne, die, den oder das ich noch nicht kenne, stelle ich gerne die direkte Frage: „Wer bist Du?“ Schon nur die erste spontane Reaktion darauf sagt oft sehr viel aus über diese Person. Die einen scheinen durch diese dreisilbige Frage schon fast in eine Identitätskrise zu fallen und kontern mit einsilbigen Gegenfragen: „Wie? Was? Äh… ?“ Andere nennen steckbriefartig ihren Beruf oder den Ehestand. Ab und zu verliert sich auch der eine oder die andere in philosophischen Betrachtungen über den Sinn des Daseins oder die Fluidität unserer Identität. So verschieden die Antworten, so unterschiedlich sind wir. Das ist spannend und bereichernd.
Je nach Gesprächsverlauf stelle ich dann meine zweite Lieblingsfrage: „Woher kommst Du?“ Ich weiss, heute ist es politisch nicht mehr korrekt, Nicht-Weisse nach der Herkunft zu fragen. Ich mach‘s trotzdem. Denn es interessiert mich. Stellt Euch mal vor, wenn es nur bleichgesichtige Schweizer gäbe und alle nach der gleichen Uhr ticken würden…. Ich fände das doch etwas langweilig und farblos.
Und dann hätte dies zudem eine eigenartige theologische Konsequenz: dann wäre Gott ja auch Schweizer. Denn, wenn wir Menschen nach Gottes Ebenbild gemacht wurden und etwas von seinem Wesen widerspiegeln, wie es in der Bibel steht, dann muss ja in einem gewissen Masse auch der Umkehrschluss gelten, dass wir von der menschlichen etwas über Gottes Natur ableiten können. Und für einmal bin ich mit den Zeitgeist-Wächter*innen einverstanden: Ich glaube nicht, dass Gott ein alter weisser Mann ist. Ich bin überzeugt, dass uns Gott so verschieden (farbig) erschaffen hat, weil diese Diversität ein klein wenig von seinem vielfältigen und unergründlichem Wesen wiedergibt. Wenn ich also jemanden nach seiner Identität oder Herkunft frage, dann lerne ich nicht nur einen wundervollen und interessanten neuen Menschen kennen, sondern immer auch eine weitere Facette dessen Schöpfers.
Mit lieben Grüssen
Andi Fuhrer