Too big to fail (2023-04)
Unser neudeutscher Wortschatz wird immer reicher. Wobei uns der Ausdruck «too big to fail» (sinngemäss: «zu gross, um zu fallen») ja eigentlich schon seit der Bankenkrise 2008 geläufig ist. Meistens ist damit eine sogenannt systemrelevante Bank gemeint, die als zu gross (=wichtig) eingeschätzt wird, als dass man sie in den Konkurs gehen lassen dürfte. Sogar, wenn die verantwortlichen Bosse einen lausigen Job machen. Der Begriff «Top»-Banker bezieht sich wohl mehr auf deren Boni als auf das Berufsethos oder ihr Verantwortungsbewusstsein.
Irgendwie erinnern mich die aktuellen Geschehnisse an einen anderen Wichtigtuer namens Goliath. Dieser Koloss aus biblischen Zeiten galt auch als «too big to fail». Dieser war so gross, der konnte gar nicht umfallen. Wer sich für unbesiegbar hält, der braucht die anderen nicht. Im besten Fall geht er auf Distanz, im schlechteren erniedrigt oder beseitigt er sie. So wurde Goliath für die Philister tatsächlich unersetzbar und somit «systemrelevant»: Er durfte nicht umfallen, denn sonst würden sie alle gleich mit ihm untergehen. Und dann fiel er doch.
Im echten Leben wird zwar ein hochmütiger Goliath selten vom kleinen David besiegt, sondern eher von einem noch grösseren Fisch gefressen. Trotzdem wollen wir uns diesem inspirierenden Jungspund zuwenden. Auf den ersten Blick kann man sich schon fragen, ob der tapfere Hirtenjunge, der mit seiner Steinschleuder den unbesiegbaren Soldaten zu Fall brachte, einfach unbeschreiblich naiv war oder an noch grösserer Selbstüberschätzung litt als sein spottender Gegner. Wenn wir die Worte Davids anschauen, zeugt dies aber vielmehr von einem schier «unglaublichen Glauben». Er nimmt nicht in Anspruch, dass er Goliath mit seinem eigenen Können besiegen würde. Auf die herablassenden Sprüche Goliaths antwortet er: «Du kommst zu mir mit Schwert, Speer und Sichelschwert, ich aber komme zu dir im Namen des HERRN des himmlischen Heeres». Im Verständnis Davids begegnete nicht er selber mit seiner eigenen Kraft und seinem Können dem erfahrenen Krieger. Es war Gott, der da Goliath besiegte. Im Hebräischen nennt sich Gott selber «Jahwe», was bedeutet: «Ich bin, der ich bin». Man könnte auch übersetzen mit: «Ich, der Seiende». Gott ist nicht einfach ein noch grösserer Fisch. Er ist der Schöpfer aller grossen und kleinen Fische. Er steht über allem und ist definitiv «too big to fail»: er kann von Natur aus gar nicht versagen oder aufhören zu existieren. Das ist eine andere Kategorie von «Systemrelevanz». Die Frage ist nun, ob mein persönliches Lebenssystem auf Gott aufgebaut ist oder von einem hochmütigen Goliath abhängt (der vielleicht sogar meinen Namen trägt)…
Mit lieben Grüssen
Andi Fuhrer