Kein Grund zum Feiern (2025-06)

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Vor kurzem hatte ich Geburtstag. Irgendein ungerader, den man nicht unbedingt feiern muss. Das hat meine Frau aber nicht daran gehindert, mir ein üppiges Frühstück zuzubereiten. Sie bereitete sogar am Vorabend extra zwei Sorten Konfitüre zu. 

Andere finden es willkürlich, alle 365 Tage sich selbst zu feiern. Warum nicht einfach dann Geburtstag feiern, wenn man grad Lust dazu hat? Warum überhaupt? 

Meine Frau und ich waren 7 Jahre lang Pastoren in einer lateinamerikanischen Gemeinde der Heilsarmee in Genf. Viele unserer Leute waren sehr arm und zu einem grossen Teil sogenannte «Sans-Papiers».Wir haben hier viel gelernt. Etwas vom Wichtigsten: Zum Feiern braucht es keinen Grund. So war unser Gemeindeleben stark geprägt vom gemeinsamen Essen.  Meistens gab es einfach arroz con pollo – Reis mit Poulet.  

Das hinderte uns natürlich nicht daran, auch dann zu feiern, wenn es einen Grund gab. Alle 3 Monate wurde eine kollektive Geburtstagsfeier organisiert. Auch den 1. August habe ich nirgends so toll gefeiert wie mit unseren lateinamerikanischen Freunden. 

Weshalb feiern wir eigentlich? 

Vielleicht, weil das Leben sonst zu ernst und zu mühsam ist? 

In der Bibel gibt Gott der Erde, dem Leben und dem Menschen von Anfang an einen Rhythmus. Irgendwie gleicht das Weltall ja schon einer riesigen Uhr und die Gestirne dienen als Zeiger. 

Dieser Puls wird aber nicht durch Arbeit und Verpflichtungen definiert, sondern durch Feste. Alle sieben Tage gibt es eine Pause und es soll gefeiert werden mit Gemeinschaft und gutem Essen. Das Jahr war geprägt von einer ganzen Reihe von göttlich verordneten, oft mehrtägigen Festen. 

Auch Jesus hatte ganz offensichtlich gern und oft gefeiert. Er hat sich auch mal mit seiner ganzen Truppe gleich bei einem Unbekannten selber zum Essen eingeladen. Das explizit erste Wunder geschah an einer Hochzeit. Als Präambel zu seinem irdischen Dienst vollbrachte Jesus nicht etwa ein «nützliches» Wunder wie eine Krankenheilung, sondern verwandelte Wasser in Wein. Damit sorgte er dafür, dass diese Hochzeit den Gästen nicht als das peinlichste, sondern das beste Fest mit dem köstlichsten Wein in Erinnerung blieb. 

Ja, das Leben ist oft anstrengend, beunruhigend, ungerecht oder gar lebensbedrohend. Aber Jesus hat von sich selbst gesagt, dass er gekommen ist, damit wir «das Leben haben und es in Fülle haben».

Ich denke, dass deshalb Feste ein wichtiges, göttliches Gebot sind. Wir sollen das Leben feiern, wenn es einen Grund gibt dafür, wie zum Beispiel eine Hochzeit, eine bestandene Prüfung oder auch einfach ein schöner Sommerabend. 

Und dann sollen wir «Feste feiern, wie sie fallen», wie der Volksmund sagt. So «müssen» wir von Zeit zu Zeit feiern, egal ob es passt oder uns danach zumute ist. 

Liebe Grüsse
Andi Fuhrer